Blog: 2.6.21

Verbundenheit

Wie spürst du Verbundenheit? Wie weißt du, dass du verbunden bist? Warum ist Verbundenheit so wichtig? Wieso ist die Einsamkeit, das Gegenpole von Verbundenheit, so weit verbreitet?

Bei uns Menschen fängt Verbundenheit im Mutterleib an. Ein neues Wesen entfaltet sich aus dem genetischen Material von zwei unterschiedlichen Wesen in der Verbundenheit mit sich und einer nährenden und schützenden Umgebung. Einerseits handelt es sich um die ganz praktische und materielle Verbundenheit der Zellen der Genbeteiligten, die eine dritte Entität kreieren. Andererseits kann das neue Wesen sich nur in der Verbundenheit mit dem Milieu, in das es sich befindet, entfalten. Das ist die erste Verbundenheitserfahrung, die wir machen und die wir ein Leben lang in uns abrufbar tragen.

Unmittelbar nach der Geburt wird das Kind von der beseelten Umgebung weiterhin genährt und geschützt. In vielen Fällen ist das umgebende Gegenüber nicht nur Luft und Licht, sondern die Mutter oder die Eltern, die mehr oder weniger wechselwirkend mit dem Kind resonieren, insbesondere mit Klang/Stimme und Berührung. Nahrung bedeutet nicht nur Lebensmittel, sondern auch verbindender Austausch. Eben wie jedes Samenkorn die genetische Prägung auf eine optimale Umgebung nutzt, um das möglichst Beste für sich zu beanspruchen, bleiben auch wir diesem, in uns gespeichertes Wissen, ausgerichtet. Trotzdem jeder Mensch, schon durch die Entstehung aus der Verbundenheit zwischen Ei und Spermien und zwischen Embryo und die Umgebung des Mutterleibs, in sich verbunden ist, kann diese Urerfahrung durch die Sozialisation aus dem Bewusstsein geraten. Gelingt uns nicht – aus welchem Grunde auch immer – diese Verbundenheit mit der idealen lebendigen Umwelt zu erspüren und beanspruchen, können die ersten Erfahrungen von Mangel- von Einsamkeit entstehen.

Mich berührte damals tief die Nachricht, dass Samenkörner, im Lehm getrocknet, von einer Getreideart, die es längst nicht mehr in unserer Welt gibt, tausenden Jahren später keimten und gedieh, sobald sie Wasser, Licht und Boden bekommen haben. Dazu kommt, dass das Menschengehirn ein besonders bemerkenswertes Organ ist, dass sich ständig versucht, zu optimieren. Das heißt, dass wir, wie die Samenkörner, mit guten Umweltbedingungen auch zu einem späteren Zeitpunkt resonieren und beanspruchen können. Mehr noch, wir können die ideale Verbundenheitsumgebung sogar selbst herstellen, und zwar durch äußere Gestaltung oder gar durch unser Vorstellungsvermögen! Die Fähigkeit des Gehirns, das zu tun, ist ein genialer Einfall von Mutter Natur. In Hinblick auf Einsamkeit, bzw. Verbundenheit, bedeutet dass, das wir Gewohnheiten der Selbstfürsorge immer wieder maßgeschneidert auf das Beste für uns einstimmen können.

In der ersten Entwicklungsphase bis zum circa das zweite Lebensjahr, sind wir tatsächlich erstmal von der realen materiellen, psychischen, emotionalen Zuwendung unserer Umgebung abhängig. Die Verbundenheit ist eine Art Erweiterung des Mutterleibs ohne dessen - oder einen Korrelat - wir sterben. Wir sind allerdings nicht passiv abhängig, sondern machen uns mit der Umgebung vertraut und tauschen uns mit ihr ständig aus. Wir sammeln und speichern interaktive Erfahrungen, die wir zukünftig nutzen können. Biologisch/psychologisch entfaltet sich in dieser Phase vorwiegend die sensorische-motorische Intelligenz, die uns ein Leben lang erhalten bleibt. Überleben wir die erste Entwicklungsphase können wir durch die Verinnerlichung dieser Erfahrungen mit unserem Vorstellungsvermögen die mit uns interaktive Umgebung, mit der wir verbunden sind, ab dieser zweiten Entwicklungsphase proaktiv verbessern.

In dieser zweiten Entwicklungsphase wird das internalisierte Wissen, das die sensorische-motorische Intelligenz uns zur Verfügung steht, spielerisch in verschiedensten Zusammenhängen gestellt. Wir können differenzieren zwischen innen und außen, können aber durch die äußerliche Erfahrung, die wir verinnerlichen, zunehmend unabhängig werden. Das gelingt uns unterschiedlich gut aus unzählbaren Gründen. Diese grundlegende Fähigkeit des Gehirns bleibt aber im Normalfall erhalten, wenn keine mechanische Gehirnschäden vorliegen. In Rahmen diese sich hier neu entfaltende imaginative Intelligenz können wir nicht nur das, was wir von außen aufgenommen haben, sondern das tiefe genetische Wissen von idealen Umweltbedingungen für unser Gedeihen sinnlich erfahrbar machen. Die präzise Erfahrung eines Ereignisses, ob in Traum, in der Fantasie oder durch bewusstes Vorstellen, prägt sich uns genauso ein, als ob wir es äußerlich erlebt hätten. Durch die Entfaltung dieser Form der Intelligenz entsteht erstmalig die Erfahrung von „ich“, das mit einem „Du“ verbunden ist. Das „Du“ entspricht nicht nur Menschen, sondern all diejenigen mit denen ich auf „Augenhöhe“ als zwei gleichwertigen und unterschiedlichen Wesen verbunden bin. Bin ich allerdings fest verankert in sozial-kulturellen Machthierarchien, die die Ausbeutbarkeit des Gegenübers bestimmt, gelingt mir die Erfahrung der Verbundenheit nur mangelhaft und erzeugt ernsthafte Konflikte zwischen das biologische Programm und dem kulturellen Zusammengehörigkeitsgefühl. Je tiefer ich das „Du“ sinnlich erlebe und erspüren kann, desto eher fühl ich mich verbunden. Dennoch in dem Bestreben Harmonie zu bewerkstelligen, kann das Gehirn dieser sinnlichen Intelligenz unterdrücken, um die Überlebensvorteile der Zusammengehörigkeit mit unserer Gemeinschaft zu sichern. Für das Liebespaar hat das alles bemerkenswerte Konsequenzen.

Begegnen wir uns in fließenden Austausch von gleichwertigem und andersgeartetem Gegenüber, entfaltet sich Verbundenheit, die uns vor Einsamkeit schützt. Ist es uns nicht bewusst, wie wir Verbundenheit sichern, ist es möglich, dass wir uns von dem Glücksfall oder von der Zuwendung eines Partners abhängig machen. Echte existenzielle Abhängigkeit findet aber nur in der Entstehungsphase des Individuums statt. Glauben wir, dass wir abhängig sind, unterlassen wir aber die lebendige Interaktion und Mitgestaltung des „Anderen“, den wir als Umgebung oder als Mensch erleben können. So fühlen wir uns eher einsam als verbunden. Eine Kultur, die Wertschätzung aus Verwertbarkeit zieht, erkennt aber das lebendige Wesen des Beurteilten nicht und kann sich nicht -im Sinne dieser Urerfahrung und Urbedürfnis der Menschen - verbinden. Ab dem Zeitpunkt, in dem das logische Denken im Kind anfängt zu dominieren, wächst die Gefahr der Einsamkeit. Gemeinsamkeit, Beziehung oder Zugehörigkeit sichert einen Überlebensvorteil in einer feindlichen Umwelt. Sie haben aber nichts mit Verbundenheit gemein. Gemeinsamen Aktivitäten oder das Schwarmverhalten sind Formen, die die gelebte Verbundenheit annehmen kann. Daher können einsamen Menschen solche Formen anstreben, auch wenn sie nicht von Verbundenheit gefüllt sind. Unter Menschen prägen folgenden Arten der Kommunikation Verbundenheit: gegenseitige Anerkennung, Freude an dem Anderen, die gemeinsamen Gestaltung von Zeit und Aktivitäten, Einander Gutes zu tun – als Geschenk oder in der Hilfsbereitschaft und verbale, sowie sinnliche Zärtlichkeiten. Wer sich mit sich selbst gut verbunden fühlt, ist in der Lage sich mit anderen Menschen zu verbinden. Deswegen ist die Selbstverbundenheit eine Kernqualität des Lebens und Voraussetzung für gute Verbundenheit mit deiner Liebsten. Anders gesagt: die Kommunikation, die fließende Verbundenheit fördert, kann ab der Entwicklung von imaginativer Intelligenz, innerhalb des Individuums aktiv praktiziert werden und ist der Basis für zwischenmenschliche Verbundenheit.

So gesehen ist radikale Selbstfürsorge eine Art wechselseitiger Kommunikation mit einem geliebten Wesen. Der Dialog zwischen inneres Kind und achtsamen Erwachsene, die Diskussion zwischen Herz und Ratio oder zwischen körperlichen Empfindungen und Handlungsimpulsen sind alle Formen der hausinternen Verbundenheit, die die Verbundenheit zwischen dir und anderen Menschen erhöht, weil du dann gewöhnt bist, kollaborativ zu kommunizieren. Obwohl die Verbundenheit mit der Natur und mit den Tieren guttut, reicht es nicht, um Vertrauen und glücklichen Umgangsformen mit den Menschen zu sichern. Traumatische Erfahrungen mit den Menschen klebt manchmal fest im Körper und braucht eine besondere Form der heilsamen Zuwendung, um sich zu lösen und gesunde, natürliche, fließende Kommunikation frei werden zu lassen. Oft brauchen wir nur den Hinweis, dass und wie Verbundenheit wirksam ist, um sich achtsam auf Verbundenheit – statt Konkurrenz und Machtspiele – umzuschalten. Manchmal tut es gut ein Heiler zur Trauma-Lösung zu beauftragen! Prüfe, was für dich zurzeit ansteht. Hol dann Kraft aus der Geborgenheit, Zentriertheit und Erdung, um das Risiko, neue Gewohnheiten zu erforschen und etablieren, zu genießen.  

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