Einführung

Mobbing reicht tief in unsere Kultur zurück und die Umwandlung schafft tiefere Intimität

Jede*r von uns ist mehr oder weniger zur Entwertung des Gegenübers erzogen worden. Bereits in Kinderjahren lernten viele von uns, dass, wer sich gegenüber anderen konkurrierend durchsetzt mit Respekt und Aufmerksamkeit der Eltern oder sogar mit Lob belohnt wurde. Dadurch fühlte sich der Unterlegene doppelt verraten – vom Angreifer ebenso wie von denen, die dessen Verhalten billigten und gar guthießen. Konkurrenz, Entwertung oder - wie ich den Begriff benutze – „Mobbing“ ist uns praktisch in die Wiege gelegt. Darin wurzelt ein Großteil unserer Kultur, und kein Mobber ist ohne Opfer-Erfahrung. Jedes Opfer ist schon mal gemobbt worden. Jeder Täter war schon mal Opfer oder hat sich selbst versprochen, es nie zu werden. Denn in unserer Gesellschaft gilt es, uns einen Platz in der Machthierarchie zu sichern - mit Ellenbogen und Durchsetzungsvermögen oder mit ganz harmlosen Dingen wie Augen rollen und mitleidig den Kopf schütteln. 

Früher wären diese Umgangsformen kaum zu beeinflussen gewesen, weil materieller Wohlstand damit ganz gut zu erobern war. Außerdem konnte man sich in hierarchischen Strukturen mit Abwertung viel Erfolg sichern, egal um welche Form der Beziehung es sich handelte.Heute aber suchen immer mehr Menschen nach Sinn und emotionalem Wohlstand. Beides ist nicht mit Entwertung zu erzielen. Somit geht es in diesem Buch um Erkenntnis, Erfahrung und Ermächtigung. Es geht um eine Abkehr von Schaden und ein inneres Ausrichten auf Lebendigkeit und Gedeihen. Ich habe es geschrieben für dich, für mich, für alle Liebenden und Menschen, die sich authentisch und integer fühlen wollen und ein neues Miteinander auf Augenhöhe anstreben.

Bereits während meiner Ausbildung zur Psychologin suchte ich nach den Voraussetzungen, die der Mensch braucht, um Erfolg und Wohlstand durch Wertschätzung und Respekt zu sichern. Gleichzeitig musste ich entdecken, dass auch ich in einer Mobber-Gesellschaft keine Ausnahme bin. Ganz unbewusst läuft dieser Mechanismus in manchen Verhaltensweisen, fast abgekoppelt von einem selbst ab. Dazu folgende Geschichte - denn auch ich bin ein Mobber:

Wir waren zu dritt verabredet, um etwas zusammen zu unternehmen. Wir trafen uns bei Elena, und ich war vor Anne da. Elena bewegte sich selbstverständlich in ihrem Atelier. Ich habe in Erinnerung, dass ich gestanden bin, während wir uns über dies und jenes unterhielten. Plötzlich brach Elena in herzzerreißende Tränen aus. Ich erschrak sehr und dachte, sie hätte sich geschnitten oder sonst wie verletzt. Als ich auf sie zu treten wollte, bedeutete sie mir, weg zu bleiben und rief: "Das habe ich nicht verdient! Kein Mensch verdient so etwas. Ich verkrafte das nicht mehr. Du machst es aber immer wieder." Auf mein besorgtes Nachfragen, was ich getan hätte, antwortete sie: "Dein böser Blick!" In dem Moment klingelte es an der Tür. Ich öffnete. Es war Anne, die Elena in Tränen aufgelöst im Hintergrund stehen sah. "Was ist passiert?" fragte sie. Darauf ich: "Irgendwas mit meinem bösen Blick…" Anne schob sich mit einem "Ach, das kennen wir alle!" an mir vorbei in den Raum und nun hatte ich endgültig das Gefühl, im falschen Film zu sein. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, wovon die beiden sprachen. Zum Glück liebten und vertrauten wir uns. Sie glaubten mir, dass ich nicht verstand, um was es ging. Ich glaubte ihnen, dass ich irgendetwas tat, was eine schreckliche Wirkung hatte. Wir einigten uns darauf, dass sie mir in Zukunft mit einer verabredeten Geste sofort Bescheid geben wollten, wenn ich wieder diesen ominösen, "bösen Blick" aufsetzte. Keine Diskussionen, nur reine Rückmeldung. 

Sensibilisiert durch dieses Ereignis wandte ich mich in den nächsten Tagen und Wochen auch an mein Umfeld und stellte zu meinem Entsetzen fest, dass tatsächlich viele Freunde und Bekannten meinen "bösen Blick" kannten. Als ich meine Mutter darauf ansprach, lachte sie und sagte: "O ja!". Sie beschrieb mir die Situation, in der der "böse Blick" erstmalig aufgetaucht war. Ich konnte mich plötzlich gut daran erinnern. Ich war das älteste Kind in der Familie. Nach dem Abendessen war es Brauch, dass ich aufstand, sang, tanzte und zeigte, was ich im Kindergarten erlebt hatte. An dem besagten Tag hatte meine kleine Schwester, die mir seit ihrer Geburt zunehmend entthronte, mich beiseite gewischt, bevor ich überhaupt aufstehen konnte. Sie erklärte: "Jetzt ich!" Ohne ein Wort zu mir, schenkten meine Eltern ihr die volle Aufmerksamkeit, und ich fühlte mich wie Luft. Meine Mutter sah nur den bösen Blick von dem hübschen kleinen Mädchen. Nachträglich weiß ich, dass dadurch, dass ich meine Schwester energetisch getötet habe, konnte ich mein Selbstwert kriegerisch und hierarchisch sichern. Ich als Mörder hatte -gefühlt- die Oberhand. Somit konnte ich brav und still die Ereignisse ohne übermäßige Schaden für mich ihr Lauf nehmen lassen. Meine Eltern fanden das alles sehr niedlich. Niemand - bis auf Elena - hatte je ein Wort darüber verloren. Damals gab es das Wort nicht. Heute weiß ich, ich war – damals als 5-Jährige - zum "Mobber" geworden. Familienrat auf Augenhöhe, die mir kollaborative Alternativen für meinem Schwestermord ermöglicht hätten, gab es in meiner damaligen Familie nicht. Elena war das erste Opfer, welches den bösen Blick nicht mehr aushielt und darüber sprach. Zu der Zeit war ich Mitte 30.

Die Geschichte geht aber weiter! Meine Freundinnen ließen vernichtende Blicke nun nicht mehr durchgehen: "Da!" riefen sie, und ich erwiderte oft: "Und du! War das gerade keine Abwertung?!“ Uppps! Auf einmal hatten wir Konflikte, die wir früher unter den Teppich gekehrt hatten und standen vor der Frage: Wie wollen wir in Zukunft mit einander umgehen? Ich lernte zu sagen: „Moment mal, das ist jetzt nicht wirklich fair." Und weil wir uns liebten und das Sich-Gegenseitig-Verletzen nicht mehr billigend in Kauf nehmen wollten, begannen wir, miteinander zu kollaborieren und fanden neue, bessere Wege der Kommunikation. Insgesamt haben wir alle sehr viel aus dem Prozess gelernt. Vor allem haben wir gelernt, wertschätzender, achtsamer und fairer miteinander umzugehen. Diese Phase, in der wir innerhalb unserer Freundschaft sozusagen die Richtung änderten, war eine emotional sehr bewegte Zeit. Wir haben allerdings auch viel gelacht, uns gegenseitig getröstet und lagen uns immer wieder in den Armen. Ich lernte, meinen tötenden Reflex willentlich aufzusetzen - allerdings nur noch zur Schau und darauf bedacht, niemanden damit direkt zu treffen. Nach und nach verschwand er völlig aus meinem Verhaltensrepertoire, aber der neue konfliktlösende Austausch, der ihn ersetzt hatte, ist geblieben. 

In den letzten Jahren wird das Thema „Entwertung“ im täglichen Beziehungsalltag zunehmend direkt angesprochen. Es ist die Kernproblematik für sehr viel Leid - nicht nur bei Paaren. Gleichzeitig trifft es sie besonders hart. So erarbeitete und erprobte ich viele Lösungen, die ich in diesem Buch anbiete, unter anderen mit den Paaren in meiner Praxis. Den endgültigen Auslöser aber, um meine Erkenntnisse in einem Buch weiterzugeben, gab eine schmerzliche persönliche Erfahrung. Durch sie stieß ich auf ein weiteres fehlendes Puzzleteil für dieses Buch, das nicht nur Paaren, sondern uns allen hilft, glücklicher zu leben und zu lieben.

Bei Mobbing geht es nicht darum, Konflikte zu überwinden. Denn Konflikte finden unter gleichstarken Partnern statt, und Mobbing ist kein Konflikt - es ist Machtmissbrauch. 

 Aus der Forschung wissen, welch tiefen und vielschichtigen, seelischen, geistigen, psychischen und sogar neurologischen Schaden Abwertungen auslösen. Im Gehirn werden dieselben schmerzverarbeitenden Areale aktiviert, wie bei physischem Schmerz. Und wie bei somatischem Schmerz gilt auch hier, je länger er andauert, desto schwerer wiegt er. Es findet keine Gewöhnung statt, sondern eher eine Art Resignation wie bei Hilflosigkeit und Ohnmacht. Folglich wirkt Mobbing sich wie körperlicher Schmerz auf das gesamte Befinden und Verhalten aus. Und weil jedes menschliche Gehirn so funktioniert, können die Folgen von Mobbing jeden treffen. Gleichzeitig schwächt der Mobber sich selbst. Denn das kurze Machtgefühl ist eine Art Ersatzbefriedigung für echtes Selbstwertgefühl, das ich zum Beispiel als Kind durch Elternbeistand nicht internalisieren konnte. Wer ein gutes Selbstbewusstsein besitzt, kann in Resonanz mit seinem Gesprächspartner bleiben und bei einem Angriff liebevoll, streng und souverän kommunizieren. Muss er den anderen herabmindern, um sich sicher zu fühlen, suggeriert der Mobber sich, er sei selbst minderwertig. Er habe es nötig, andere zu verletzten, um (Selbst-)Wertschätzung zu erfahren. 

In unserer Gesellschaft wird Gewalt aller Art einerseits verpönt, andererseits aber bewundert und uns mit vielfältigen Arten der Machtklärung dieses Verhalten antrainiert. Mit diesem Buch will ich einen Beitrag leisten, der zur Verschiebung der Kommunikation, weg vom Konkurrieren hin zum Kollaborieren auf Augenhöhe führt. Meine Erfahrung - nicht nur als Psychotherapeutin - zeigt mir, dass sich die emotionale Lebensqualität und die Lebendigkeit einer Paarbeziehung dadurch wesentlich verbessern. 

Wer in einer guten Liebesbeziehung lebt, ist glücklicher, gesünder, leistungsfähiger und besser in der Lage, unberechenbare Anforderungen zu meistern. In einer Zeit der massiven Umwälzungen und zunehmend komplexeren Problemen sind die Fähigkeiten und Vorteile einer starken Liebesbeziehung, gefragter denn je! Ich behaupte mal, dass die Qualität der Paarbeziehungen heute genauso wichtig ist, wie die Arbeit des politischen und wirtschaftlichen Systems, in dem wir leben. Das klingt vielleicht ein bisschen pathetisch. Tatsächlich sichern weder die Politik noch die Wirtschaft unseres Landes das Gedeihen eines Großteils der Bevölkerung. Die von Konkurrenz geprägten Kommunikationsformen der letzten 2.500 Jahre versagen bei den Aufgaben, die wir heute zu lösen haben. Viele vertraute Kommunikationsformen behindern inzwischen das Glück zu zweit, aber auch in größeren Gemeinschaften. Sie verleiten uns zum Aufgeben oder aber zu Rangelei, Besserwisserei und Rechthaberei, schüren Missverständnisse und kosten uns viel Zeit, Kraft und Zusammenhalt. Egal, ob als Paar- oder als Familienmitglied, Nachbar*in, Mitarbeiter*in, Chef*in oder Weltbürger. Immer und überall befinden wir uns im Austausch mit anderen und werden von unserer westlichen Kommunikation und dem Diktat der Machthierarchie gelenkt. Die Anziehung zwischen zwei Menschen erleichtert die Veränderung von festgefahrenen Umgangsmustern drastisch. Gelingt sie, ist sie tiefreichend und erfüllend. Die Beziehung kann sich dadurch frei entfalten. 

Wir befinden uns in einem zivilisatorischen Paradigmenwechsel. Das alte Paradigma von Machthierarchien und der Eroberung von materiellen Reichtümern befriedigt uns nicht mehr. Die Eheschließung ist im Rahmen des alten Paradigmas in den Augen des Gesetzes und des Finanzamts eine Art Betriebsgründung. Die finanzielle Sicherung beider Partner und die Bürgschaft für einander sind nach wie vor Grundlage des Bündnisses. Wenn du zufrieden mit der Finanzregelung bist und abwertende Bemerkungen zum gesellschaftlichen Alltag hinnimmst, dann nimmst du abwertende Botschaften als normalen Alltag hin. Dein Glück ist materieller Art. Oder vielleicht bist du glücklich mit dem Ehestatus und hast Angst vor einem Single-Dasein. Dann kann es auch sein, dass du dich (als Opfer) nicht wehrst, um keinen Konflikt zu „erzeugen“ und dich einfach auf das Schöne konzentrierst. Obwohl dein Schmerzzentrum im Gehirn das Geschehen verbucht, hat deine Anpassungsfähigkeit dir das Bittere versüßt. In solchen Fällen sprechen wir auch nicht von Mobbing, weil ohne persönliches Schadensbewusstsein, keine Änderungsmotivation vorhanden ist. Andererseits wenn es zu deinem Selbstbild gehört, Bemerkungen zu machen, die überheblich und selbstherrlich sind und andere abwerten, dann ist es durchaus möglich, dass du gar nicht bemerkst, was für einen Schaden du anrichtest. Schließlich war und ist das im Geschäftsleben unter Gleichgesinnten Usus. Wenn dein Mitmensch im persönlichen Rahmen aber zeigt - durch seine Sprache, sein Benehmen oder seine Stimmung - dass er oder sie unter deinem Handeln leidet, aber du seinen Schmerz nicht erkennen kannst oder wenn du sogar beleidigt bist, dass dieser Mensch in deiner Obhut kränkelt, dann bist du ein Mobber. Denn dein Handeln verletzt die Person, mit der du verbunden bist, ruft sinnlich erkennbare Reaktionen hervor, zeigt schädliche Wirkung an.

Doch so wie in der Natur Scheiße grundsätzlich verwertbar und immer als Teil des natürlichen Kreislaufs verarbeitet wird, möchte ich, dass du auch verstehst, wie wertvoll Mobbing-Erfahrungen sein können. Gerade sie veranlassen dich, sie zu „kompostieren“ und dadurch ihre Nährstoffe für dein persönliches Wachstum zu nutzen. Daher ist es mein Anliegen, dir Erkenntnisse und Anhaltspunkte für neue Gewohnheiten zu vermitteln, deinen Entdeckergeist und deine Freude zu fördern und ein Bewusstsein dafür, dass nicht nur die Resultate, sondern auch der Prozess selbst ein Teil deines Sich-Lebendig-Fühlens ist. Dann kannst du zunehmend authentisch innerhalb einer sicheren Identität in deiner Liebesbeziehung und in der sich wandelnden Gesellschaft leben.

In den nun folgenden Kapiteln wechsele ich in meinen Beschreibungen immer wieder zwischen dem Standpunkt des Mobbers und dem des Opfers. Die meisten Betroffenen kennen beide Positionen. Im Alltag verharren sie aber oft und identifizieren sich eher mit der einen oder anderen Position. Damit auch hier Bewegung in die festgefahrenen Aktionsmuster kommt, biete ich in jedem Kapitel Experimente an, um neue Blickwinkel und Handlungsmöglichkeiten zu eröffnen und vor allem zu erfahren, wie Kollaboration funktioniert. Denn einander auf Augenhöhe zu begegnen ist nur möglich, wenn Augenhöhe uns vertraut ist und wenn wir wissen, wie wir sie selbst kultivieren können. 

Daher entschlüsselt das erste Kapitel, wie man zum Mobber werden kann und bietet erste Ansätze, sich aus diesem zweifelhaften Status zu befreien. Mobber haben sehr gut gelernt, Vorbilder nachzuahmen. Jede/r von uns genießt das Gefühl persönlicher Macht. Wenn dieses Gefühl durch die Hilflosigkeit deiner Umgebung, durch ihre Unfähigkeit, dich zu stoppen oder zu bändigen, belohnt wird, dann legt der Mensch - egal in welchem Alter - es darauf an, diesen Zustand bei seinem Gegenüber zu erzeugen. Die Macht, hohe emotionale Intensität auszulösen, ist ein befriedigendes Gefühl, insbesondere wenn man selbst nicht in gesunder Weise beachtet wird und wurde. 

Wie man Opfer wird, Opfer-Verhalten aufrechterhält und welche Alternativen es gibt, damit beschäftigen wir uns im zweiten Kapitel. Ein wichtiger Aspekt des Opferseins ist die Überzeugung, nichts dagegen tun zu können. Diese erlernte Hilflosigkeit hat viele Ebenen. In der hierarchischen Kultur ist das Problem als Opfer gesehen zu werden eklatant. Wie kann ich selbstbewusst, sinnvoll, Gefahren-kompetent und erfolgreich Beistand sichern, wenn in einer homogenen konkurrenzträchtigen Kultur Mitleid auch Abwertung oder Parteiungen mit sich bringen kann. Partei ergreifen wird als Loyalität vermarktet, ist aber de facto eine Art „Mob“ zu bilden, um zurückschlagen zu können. Ich behaupte, dass das Verständnis von Menschenrechten und Menschenwürde mich persönlich stärken kann, denn ein Bewusstsein des eigenen überpersönlichen Wertes ist eine notwendige Grundlage für Selbstbewusstsein. Allerdings ist das allein nicht ausreichend, um sich aus der Opferrolle zu befreien. Daher biete ich hier ein paar einfache wie wirksame Tools an, die den Weg zur Augenhöhe ebnen.

Das dritte Kapitel zeigt, welche persönlichen Lerngeschichten zu Mobber-Gewohnheiten geführt haben und wie sich dieses Fundament wandeln lässt. Je mehr und je präziser ich die grundlegende Systematik wahrnehmen kann, desto leichter ist die Steuerung der eigenen Weiterentwicklung. Schließlich lässt sich, wie Forscher und Praktiker längst entdeckt haben, auch eine suboptimale Lerngeschichte durch spätere Erfahrungen in eine positive Entwicklung verwandeln.

Welche Gesetzmäßigkeiten unser Verhalten regulieren und menschliche Interaktion natürlicher und stressfreier ablaufen lassen, darum geht es in Kapitel vier. Und: Nachhaltige und wesentlich glücklichere Gewohnheiten zu etablieren, ist nicht mit Anstrengung und Spannung verbunden. Nein. Wer liebevolle Bestimmtheit auf gedeihliche Ergebnisse ausgerichtet ist sehr effektiv, um Gewohnheiten aller Art zu verändern. 

Um Augenhöhe in der Paarbeziehung gemeinsam zu erreichen, ist die Fähigkeit, selbständig, gelassen und klar für sich zu sorgen, ohne die Zugewandtheit zum Partner zu verlieren, grundlegend. Wie sich ein Mensch diese Haltung aneignen kann, ist aus der Perspektive der bisher herrschenden Kultur eine hohe Kunst. Auf die Voraussetzungen, die langfristig zu einer gedeihlichen Änderung führen, gehe ich im fünften Kapitel ein. 

Da die subtile Gewalt des Mobbings in der Kommunikation und in der Interaktion liegen, nehme ich im sechsten Kapitel sowohl hierarchische als auch kollaborative Kommunikation unter die Lupe. Je besser wir zugrundeliegenden Kommunikationsmuster erkennen, desto leichter gelingt es uns, unsere Kommunikation gemeinsam gedeihlich zu gestalten. Dabei wirken nicht nur Botschaften und der Klang des Gesagten schädlich oder gedeihlich. Kommunikation moduliert auch das Gehirn beider Beteiligten. Sie kennzeichnet das Paar. Sie ist Hauptinstrument der Gemeinschaftsgestaltung und der Kulturentwicklung. Für die Liebesbeziehung ist sie das fließende Lebensblut des dritten Wesens im Bunde, der Beziehung selbst. Die Kommunikation eines spezifischen Paares kann eigenwillig sein – bis hin zur Benutzung eigener Codes. 

Da es in diesem Buch um die Qualität der Liebesbeziehung geht, nehme ich im siebten Kapitel die Beschaffenheit dieses dritten Wesens im Bunde der Liebenden unter die Lupe. Denn die vielschichtigen Aspekte dieses Bündnisses kompetent zu gestalten, macht oft wesentlich mehr Sinn als mit Hergebrachtem im Dunkeln zu tappen. Eine Liebesbeziehung kann sich gesund und gedeihlich entwickeln, sie kann krankhaft und festgefahren sein, oder aber die Aufgaben, die ihren Werdegang begleiten, aktiv komponieren. Hier geht es darum, einerseits die Beschaffenheit und den jeweiligen Entwicklungsstand der Beziehung zu identifizieren. Andererseits kann jede*r innerhalb der Paarbeziehung sich für das Bündnis einsetzen, so wie es sich jeweils richtig anfühlt und machbar ist. Wenn jede*r der Beteiligten das authentisch und integer macht, verbessert sich das Wohlbefinden spürbar und zunehmend nachhaltig. Dazu ist es nicht notwendig, den Einsatz des anderen zu kontrollieren!

Im letzten Kapitel wage ich einen Ausblick darauf, wie wir leben können, wenn wir mit Genuss das Entwicklungspotential, das die Biologie uns zur Verfügung stellt, ausschöpfen. Der Zeitgeist ist reif dafür. Wir haben zunehmend mehr Wissen und Erfahrung über die Vorteile der Kollaboration auf Augenhöhe. Und die Kraft der Liebe macht vieles wesentlich einfacher, als wenn jede*r gegen jeder/m kämpft. 

Grundsätzlich geht es während der gesamten Ausführungen in diesem Buch nicht darum, etwas oder jemanden zu verurteilen, sondern Zusammenhänge zu erkennen, zu verstehen und gemäß unserer Bedürfnisse unsere Lebensqualität zu verbessern. Um uns von Mobbing-Strategien abnabeln zu können, ist es hilfreich, den soziologischen Hintergrund von Machtmissbrauch in der Gesellschaft zu verstehen. Erkennen wir, wo unser emotionaler Wohlstand beeinträchtigt ist, ist es relativ leicht, mit etwas Beharrlichkeit nützlichere Wege einzuschlagen. Dabei wächst die natürliche Selbst- und Fremd-Wertschätzung. Tatsächlich ist es auch erheiternd uns erfolgreich für unsere persönliche Entfaltung einzusetzen. Denn je spielerischer wir das machen, desto besser. 

Gleichzeitig gilt für dieses Buch auch: Hab´ kein Bedenken, wie du vorgehen möchtest. Manche springen lieber herum oder machen erst einmal Erfahrungen mit den Experimenten. Andere Menschen brauchen den Hintergrund, um den Experimenten und dem praktischen Anteil Vertrauen entgegen zu bringen. Jede/jeder hat ihre/seine ganz persönliche Art sich mit Neuem zu beschäftigen und sich Neues anzueignen. Du kannst immer auf das, was du übersprungen hast, zurückkommen, wenn es dich interessiert. Schau, wie es für dich am besten ist. 

Ich hoffe, die Leser*innen mit einem Sack nützlicher Werkzeuge und guten Gebrauchsanweisungen zu entlassen. Denn so wie das Leben auf der Erde sich mit dem biologischen Wandel der Natur bewegt und entfaltet, entwickelt sich auch die Menschheit ständig weiter. Veränderung, wechselseitige Anpassung und interaktives Gestalten gehören zum Lebendig-Sein. Lebendigkeit folgt klaren Gesetzmäßigkeiten, die viel kreativen Spielraum für jedes Individuum und jedes Paar lassen. In dem wir dies erkennen, können wir uns danach ausrichten, um leichter, fröhlicher, effektiver und sicherer zu leben und glücklichere, innigere und lebendigere Beziehungen zu haben und zu modulieren. Ich lade dich ein, dich mit Liebe auf Augenhöhe zu befassen. In diesem Sinne wünsche ich dir viel Freude und gute Inspiration beim Lesen.

Deine,

Linda Leva

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